Seit sieben Jahren gibt es den Mängelmelder der Stadt Essen. Was einst als Ergänzung zur bestehenden „Essen bleibt sauber“-Hotline und einem E-Mail-Postfach begann, hat sich mittlerweile zu einem hoch frequentierten System entwickelt. Durchschnittlich 100 bis 150 Meldungen gehen pro Tag ein – das sind mehr als 900 Hinweise pro Woche. Diese Fülle an Bürgerhinweisen zeigt einerseits: Der digitale Mängelmelder der Stadt Essen ist zu einem festen Bestandteil des städtischen Beschwerde- und Anliegenmanagements geworden. Andererseits geht die Bearbeitung dieser Vielzahl an Meldungen auch mit Herausforderungen einher. Im Rahmen eines Online-Praxistalks haben wir mit Stefan Ernesti vom ServiceCenter der Stadt Essen gesprochen. Dabei hat der Sachbearbeiter im Sachgebiet Mängelmelder der Stadt Essen darüber berichtet, wie er und seine Kolleg:innen den täglichen Spagat zwischen Bürgernähe, Effizienz und Qualität bewältigen.
Der Weg zur Digitalisierung: Vom Telefon zur App
Bevor der Mängelmelder 2018 eingeführt wurde, konnten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Essen Missstände hauptsächlich telefonisch oder per E-Mail melden. Um die Bearbeitung der Bürgerhinweise langfristig strukturierter, schneller und effizienter zu gestalten, entschied sich die Stadt für die Einführung einer digitalen Lösung. Gemeinsam mit der wer denkt was GmbH wurde dazu das individuell zugeschnittene Anliegenmanagementsystem Mängelmelder Pro eingeführt. Zum Start lag der Fokus beim Mängelmelder der Stadt Essen dabei auf den Kategorien „Entsorgung“ und „Reinigung“. Nach zwei Jahren erweiterte die Stadt Essen den Service und ergänzte das System um die Kategorie Straßenschäden. Bei den Bürgerinnen und Bürgern kam der schnelle Meldekanal von Beginn an gut an. Die Nutzung durch die Bürgerinnen und Bürger wuchs in den letzten Jahren rasant: von rund 19.000 Meldungen im ersten Jahr auf über 54.000 im Jahr 2024.

Einblicke in die Praxis: kommunales Anliegenmanagement im Alltag
Für die Bearbeitung dieser zahlreichen Meldungen ist vor allem Stefan Ernesti zuständig. Er ist bereits seit 2015 bei der Stadt Essen beschäftigt. Nach seiner Ausbildung begann er in der damaligen Stabsstelle Sauberkeit – dort, wo auch der Mängelmelder bei seiner Einführung organisatorisch verortet war. Heute ist Stefan Ernesti zentraler Ansprechpartner für den digitalen Dienst. Zu seinen Aufgaben gehören unter anderem die Freigabe der Meldungen, die Koordination mit den Fachbereichen, Controlling-Aufgaben, das Auswerten von Statistiken und die Schulung von Mitarbeitenden und Auszubildenden.
Täglich erreichen ihn und seinen Kollegen zwischen 100 und 150 neue Anliegen. „An Montagen oder nach langen Wochenenden sind es besonders viele“, berichtet Stefan Ernesti. An solchen Tagen werde das Team punktuell durch zusätzliche Kolleginnen und Kollegen unterstützt, die temporär aus anderen Fachbereichen einspringen.

So läuft der Workflow in Essen in der Praxis
Bei der Bearbeitung der Anliegen gibt es in Essen eine clevere Routine: Zwei bis vier Mitarbeitende teilen sich die Anliegenliste – wobei eine Person oben beginnt, eine Person unten und ein bis zwei weitere in der Mitte der Liste. So wird effizient parallel gearbeitet und möglichst zügig aufgeräumt. Erster Schritt ist dabei die inhaltliche Prüfung der Meldungen. IT-unterstützt werden dabei auch Duplikate aussortiert und die Meldungen gegebenenfalls mit einem passenden Textbaustein versehen. Anschließend gehen die Meldungen in die zuständigen Fachabteilungen, die dann die Behebung der Mängel beziehungsweise die Beseitigung der Verschmutzung in die Wege leiten.
Zeitnahe Bearbeitung beim Mängelmelder Essen – aber ohne Zeitdruck
Trotz des hohen Volumens an eingehenden Meldungen gibt es in Essen keine formale Bearbeitungs- oder Erledigungsfrist. „Es soll zeitnah passieren, aber nicht überhastet“, betont Stefan Ernesti. Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern eine sachliche und informative Rückmeldung zu geben – deshalb steht die Qualität an erster Stelle.
Umgang mit Beleidigungen und allgemeinen Anliegen
Was viele Kommunen beschäftigt, betrifft auch die Stadt Essen: Nicht jede Meldung kommt in freundlichem Tonfall. Zwar richten sich die Unmutsbekundungen laut Ernesti selten direkt gegen das Servicepersonal. Doch der Ärger über Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Müll abladen oder sich nicht an Regeln halten, ist spürbar und äußert sich nicht selten in Beleidigungen oder unsachlichen Kommentaren. Damit diese nicht öffentlich sichtbar sind, werden entsprechende Meldungen versteckt, wie Stefan Ernesti mitteilt. Auf der öffentlichen Karte erscheinen sie somit nicht, die Bearbeitung erfolgt trotzdem.

Als etablierter und beliebter Kommunikationskanal ins Rathaus wird der Mängelmelder Essen häufig genutzt, auch für Anliegen über die vorgesehenen Kategorien hinaus. So erreichen das Team um Stefan Ernesti auch Meldungen wie etwa der Wunsch nach einer Tempo-30-Zone oder einem Zebrastreifen. Das Vorgehen in solchen Fällen: Mithilfe vorbereiteter Textbausteine werden die Hinweise freundlich, aber bestimmt abgelehnt und es wird auf die zuständigen Stellen oder notwendige Antragsverfahren hingewiesen.
Prävention durch ein Drei-Säulen-Modell
Die Stadt Essen geht aber nicht nur reaktiv mit Missständen um, sondern sie verfolgt auch einen präventiven Ansatz. Der Mängelmelder ist eingebettet in das kommunale „Drei-Säulen-Modell zur Stadtsauberkeit“. Dieses sieht wie folgt aus:
- Wahrnehmen, Erkennen und Aufklären: Mit Öffentlichkeitsarbeit, Bürgerinformationen, Hinweisschildern sowie durch die Sensibilisierung von Mitarbeitenden im Außendienst – etwa vom Ordnungsamt – klärt die Stadt über die richtige Müllentsorgung auf und verweist dabei unter anderem auch auf die Mängelmelder-App.
- Abholen und Pflegen: Neben zusätzlichen Abfallbehältern im Stadtgebiet und einer mobilen Einsatzgruppe für wilde Müllkippen gibt es in Essen ehrenamtliche Quartiershausmeister, die Missstände direkt aus ihren Stadtteilen melden und Ansprechpersonen für die Nachbarschaft sind.
- Erfassen, Kontrollieren und Bestrafen: Konsequente Sanktionen bei Verstößen, etwa bei illegalen Müllablagerungen, sollen langfristig eine Verbesserung des Stadtbilds bewirken.
Trotz all dieser Maßnahmen, so Stefan Ernesti, ist ein Rückgang der Müllablagerungen jedoch nicht messbar. Die Zahl der Meldungen nimmt dagegen weiter zu. „Das zeigt eher, dass die Aufmerksamkeit gestiegen ist“, so Ernesti. Und: Eine kleine Gruppe von Verursachern kann leider das Stadtbild erheblich beeinträchtigen – trotz breiter Aufklärung und Sanktionen.
Erfahrungswerte & Praxistipps für andere Kommunen
Auf Basis seiner siebenjährigen Praxiserfahrung mit dem Mängelmelder in Essen hat Stefan Ernesti Tipps für andere Kommunen, die ein Anliegenmanagementsystem bzw. einen Mängelmelder einführen. Zunächst einmal sei es wichtig, frühzeitig mit allen Fachbereichen zu sprechen, die in den Mängelmelder eingebunden sind. Sind dort überhaupt die personellen Ressourcen vorhanden, um die Meldungen zeitnah zu bearbeiten?
Ebenso empfiehlt Stefan Ernesti, das Angebot und die Benennung der Kategorien vor dem Start genau zu prüfen. Kategorien wie „Schäden an der Oberfläche“ seien zu allgemein und führen zu unspezifischen Meldungen, die eine effiziente Bearbeitung erschweren, so Ernesti. Es sei besser, klare Begriffe wie etwa „Schlagloch“ zu verwenden.
Zusätzlich gibt Stefan Ernesti zu bedenken, dass nachträgliche Änderungen an der Kategorisierung und Benennung schwierig sind. Denn: Bürgerinnen und Bürger gewöhnen sich an Begriffe und Melderoutinen. Sie könnten deshalb frustriert oder mit Unverständnis reagieren, wenn eine gewohnte Kategorie plötzlich fehlt oder umbenannt wird.
Fazit: Digitalisierung braucht Engagement und Struktur
Was aus dem Gespräch mit Stefan Ernesti deutlich wird: Die Digitalisierung des Beschwerdemanagements funktioniert dann besonders gut, wenn die Prozesse klar strukturiert sind, Verantwortlichkeiten definiert, Routinen eingeübt – und dennoch Flexibilität möglich ist. Der Mängelmelder ist in Essen zu einem wirksamen Werkzeug geworden, das Transparenz schafft, das Engagement der Bürgerinnen und Bürger stärkt – und der Verwaltung eine effektive Handlungsgrundlage bietet.
Haben auch Sie Interesse an einem effizienten Anliegenmanagementsystem mit bürgerfreundlicher App und Web-Anwendung? Dann schreiben Sie uns gerne eine E-Mail oder melden Sie sich für einen unverbindlichen Demo-Termin an.
Den Online-Praxistalk in ganzer Länge finden Sie auf dem YouTube-Kanal der wer denkt was GmbH. Hier geht’s zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=UhYq9yshDMk
Über Stefan Ernesti:
Stefan Ernesti ist seit 2015 bei der Stadt Essen beschäftigt. Zunächst hat er dort die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten erfolgreich absolviert. Im Anschluss daran war er als Sachbearbeiter in der Stabsstelle Sauberkeit im Büro des Oberbürgermeisters tätig. In dieser Funktion begleitete er die Einführung des Mängelmelders Essen, der im November 2018 an den Start ging. Seit 2020 ist Stefan Ernesti Sachbearbeiter im ServiceCenter Essen und dort im Sachgebiet Mängelmelder zuständig für die Bürgeranliegen.
Beitragsbild: © wer denkt was GmbH