Die hessische Stadt Griesheim hat in den vergangenen drei Jahren ihre Innenstadt gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern neu gedacht und gestaltet. Möglich wurde dies durch das Bundesförderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren (ZIZ)“, das seit 2022 in vielen Städten Impulse für eine lebendige, klimafreundliche und attraktive Innenstadt setzt. Griesheim hat dazu das Projekt „Griesheim. Innen Drin“ ins Leben gerufen, bei dem die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in Form von crossmedialen Beteiligungsverfahren ein zentraler Baustein war. Am 9. August 2025 fand auf dem Georg-Schüler-Platz in Griesheim die große Abschlussveranstaltung des Projekts statt. Theresa Lotichius, Geschäftsführerin der wer denkt was GmbH, hat den Beteiligungsprozess über die gesamte Projektlaufzeit hinweg begleitet. Sie gibt in diesem Beitrag Einblicke in das Projekt „Griesheim. Innen Drin“ und stellt die verschiedenen Beteiligungsverfahren vor.

Hintergrund: ZIZ-Programm & Ausgangslage in Griesheim
Innenstädte verändern sich rasant: Rückgang der Besucherzahlen, Leerstand und der Wandel im Handel stellen viele Kommunen vor Herausforderungen. Auch Griesheim spürte diesen Strukturwandel – hinzu kommen Klimawandel, Hitzebelastung, viel Verkehr und wenig Grün.
Das ZIZ-Programm bot die Chance, diese Probleme mit neuen Ideen und unter Beteiligung der Bürgerschaft anzugehen. Ziel des Prozesses war die Transformation der Griesheimer Innenstadt, sodass sich die Aufenthalts- und Verweilqualität für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt nachhaltig verbessert. Von Beginn an stand deshalb auch fest: Die Menschen vor Ort sollen mitentscheiden, wie sich die Innenstadt entwickelt.

Für die mittel- und langfristige Perspektive der Griesheimer Innenstadt wurden daher seit 2023 viele Vorschläge gesammelt. Dabei setzte Griesheim auf unterschiedliche Formate der Bürgerbeteiligung. Ziel war es, eine gemeinsame Vision für die Innenstadt zu entwickeln, aus den unterschiedlichen Ideen konkrete Maßnahmen abzuleiten und in ein gemeinsam erarbeitetes Konzept zu gießen.
Die Innenstadt als lebendigen Treffpunkt für alle Generationen stärken
Im Juni 2023 fiel der Startschuss zum Projekt „Griesheim. Innen Drin“. Beim öffentlichen Aktionstag „Griesheim macht Mit(te)!“ wurden dabei bereits die neu angeschafften Stadtmöbel und Multi-Use-Anhänger präsentiert und ausprobiert. Zudem wurden Ideen für die Griesheimer Innenstadt in verschiedenen zielgruppenspezifischen Formaten gesammelt. Um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger für den Aktionstag „Griesheim macht Mit(te)“ zu gewinnen, gab es zahlreiche Angebote zur Unterhaltung und zur Verpflegung. So sorgte der Seniorenbeirat in der Wagenhalle mit kostenfreiem selbstgemachten Kuchen und Kaffee für das leibliche Wohl der Besucherinnen und Besucher. Die Kinder freuten sich über den „Mit-Mach-Zirkus“ und einen Stand mit Luftballon-Tieren, während die „Bike Brothers“ mit regelmäßig wiederkehrenden Trial-Bike-Shows vor allem Jugendliche und junge Erwachsene anzogen.

Erster Schritt zu einem gemeinsamen Konzept: Ideensammlung
Eingebettet in den Aktionstag wurde eine erste Ideenwerkstatt. Großer Vorteil: Der Familientag zog viele, ganz unterschiedliche Zielgruppen an. Sie konnten in jeweils passenden Formaten ihre Bedarfe und Wünsche an eine zukunftsfähige Innenstadt äußern. Den größten Anteil an der Ideenwerkstatt hatten dabei zahlreiche Stände, Informationsmöglichkeiten und Mitmach-Möglichkeiten in der Griesheimer Wagenhalle. Auf einer großen Ideenkarte konnten alle Gäste ihre Bedarfe und Wünsche für die Innenstadt der Zukunft festhalten.

Außerdem konnten die Bürgerinnen und Bürger sogenannte „Lieblings- und Unorte“ auf einer Karte markieren. Auch Kinder und Jugendliche brachten sich kreativ ein: Sie gestalteten Plakate, entwickelten eigene Ideen und zeigten mit Zeichnungen ihre Vorstellungen von einer lebenswerten Innenstadt.

Online-Beteiligung mit interaktiver Ideenkarte
Im Anschluss an die Auftaktveranstaltung startete eine erste große digitale Beteiligung auf www.griesheim-gestalten.de. Über eine interaktive Ideenkarte konnten Anregungen zu Themen wie Aufenthaltsqualität, Verkehr, Grünflächen oder kulturellen Angeboten eingetragen werden. Insgesamt gingen aus dem Aktionstag und der Online-Beteiligung über 140 Ideen ein, die mit mehr als 1.000 Stimmen bewertet wurden. Diese Sammlung bildete die Basis für die weitere Arbeit.

Stadtmöbel und Multi-Use-Anhänger – bereits erfolgreich im Einsatz
Ein erster sichtbarer Erfolg beim Aktionstag 2023 waren die neuen mobilen Stadtmöbel und bepflanzten Module. Diese hatte die Stadt Griesheim aus den ZIZ-Fördermitteln anschaffen können. Zudem wurde eine Stadtmöbeljury aus Bürgerinnen und Bürgern gebildet. Diese erarbeitete gemeinsam einen Bewertungskatalog, um die verschiedenen Standorte der Neuanschaffungen strukturiert zu vergleichen. In unregelmäßigen Abständen wurden die Möbel innerhalb des Projektzeitraums an unterschiedlichen Orten eingesetzt und bei Begehungen durch die Jury bewertet. Außerdem diskutierte die Jury Optionen für weitere Standorte. Ebenfalls neu und seit 2023 im Einsatz: drei Multi-Use-Anhänger, die wandelbar als Bühne, Verkaufsstand oder Aktionsfläche zum Einsatz kommen können.

Das Ziel der Anschaffungen von Stadtmöbeln und Multi-Use-Anhängern war es, mehr Aufenthaltsqualität zu schaffen. Das Feedback sowohl von Bürgerinnen und Bürgern als auch von der Stadtverwaltung ist sehr gut und zeigt, dass dieses Ziel erreicht wurde. Heute laden die mobilen Möbel und multifunktionalen Anhänger an belebten Plätzen zum Verweilen ein. Auch Bürgermeister Geza Krebs-Wetzl stellte im Rahmen der Abschlussveranstaltung am 9. August 2025 die Flexibilität der Stadtmöbel in den Fokus: „[Dies] bietet die Gelegenheit, mal etwas auszuprobieren.“

Zweiter Schritt: Visionen und konkrete Maßnahmen entwickeln
Um das Projekt „Griesheim. Innen Drin“ und den gesamten Prozess zielführend zu begleiten, wurde ein internes, digitales Ideen-Managemensystem eingerichtet. Die technische Umsetzung dieses Systems übernahm die wer denkt was GmbH, die auch die städtische Beteiligungsplattform und den Mängelmelder für Griesheim betreut. Im Ideen-Managementsystem wurden alle Ideen aufgenommen und nach Themenbereichen geclustert. Daraus entstanden Themenfelder, zu denen im Laufe des Jahres 2024 Workshops stattfanden. Hier wurden in intensiven Diskussionsrunden viele Zielvisionen für die Griesheimer Innenstadt erarbeitet.

Ebenso entwickelten Bürgerschaft und Verwaltung gemeinsam erste Maßnahmen, die dazu beitragen können, diese Ziele zu verwirklichen. Auch diese Maßnahmen speiste die Stadt Griesheim in das Ideen-Managementsystem ein.
Dritter Schritt: Sondierung der Maßnahmen und Priorisierung
In einem umfangreichen Prozess wurden nahezu 200 Maßnahmen in fachbereichsübergreifenden Verwaltungsteams intern auf ihre Machbarkeit hin geprüft. Im Sommer 2025 stellte die Stadtverwaltung schließlich 40 konkrete Maßnahmen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad in der Umsetzung online vor. Dazu gehörten etwa ein Barfußpfad, die „Nette Toilette“ in der City, Tempo 30 in der Stadt, mehr Bäume und schattige Sitzplätze, aber auch mehr Spiel- und Sportflächen sowie mehr Veranstaltungen im öffentlichen Raum. Im Rahmen einer Online-Beteiligung konnten die Bürgerinnen und Bürger dann für ihre favorisierten Maßnahmen abstimmen.

Rund 200 Bürgerinnen und Bürger nutzten diese Beteiligungsmöglichkeit und machten so deutlich, welche der Maßnahmen ihnen besonders am Herzen liegen. Die Ergebnisse des Verfahrens sind auf griesheim-gestalten.de einsehbar.
Transparente Kommunikation
Für die Stadt Griesheim war es von Beginn an wichtig, den umfangreichen Innenstadtentwicklungsprozess gemeinsam mit den Griesheimer Bürgerinnen und Bürgern anzugehen. Eine offene und transparente Kommunikation zum Projekt, zu den nächsten Schritten und den Ergebnissen gehörte daher genauso dazu wie die vielfältigen crossmedialen Mitmachmöglichkeiten, die von der wer denkt was GmbH konzipiert, umgesetzt und dokumentiert wurden. Auf der städtischen Beteiligungsplattform griesheim-gestalten.de fanden die Bürgerinnen und Bürger von Beginn an alle wichtigen Informationen, Termine und Ergebnisse. Auch die Abschlussveranstaltung am 9. August 2025 wurde noch einmal genutzt, um die Griesheimer Bürgerschaft über die gesammelten Ergebnisse sowie die weiteren Schritte zu informieren.

Die Besucherinnen und Besucher konnten dort mehr erfahren über ein Fotoprojekt mit Schülerinnen und Schülern, das im Rahmen von „Griesheim. Innen Drin“ stattgefunden hatte. Auf Pinnwänden konnten sie sich noch einmal einen Überblick zu allen Maßnahmen und Ergebnissen verschaffen. Darüber hinaus haben meine Kollegin Marlene Mösle und ich vor Ort kurze Präsentationen zum Projektverlauf gegeben und standen für Fragen und weitergehende Informationen bereit.

Das Projekt endet – der Veränderungsprozess geht weiter
Die Veranstaltung im August 2025 bildete zwar den Abschluss des umfangreichen Stadtentwicklungsprojektes „Griesheim. Innen Drin“, doch die Weiterentwicklung der Innenstadt in Griesheim geht weiter. Alle in den letzten drei Jahren gesammelten Ergebnisse gehen an die Stadtverordnetenversammlung, die berät, welche Maßnahmen wann umgesetzt werden. Der Grundstein ist somit gelegt.
Fazit:
„Griesheim. Innen Drin“ hat gezeigt, wie Beteiligung wirkt: zuhören, ausprobieren, erste Schritte sichtbar machen – und am Ende mit klaren Ergebnissen in die Politik gehen. Die Innenstadt soll so ein Ort bleiben, an dem sich alle wohlfühlen und gerne aufhalten.
Einen Video-Rückblick auf das gesamte Projekt „Griesheim. Innen Drin“ finden Sie auch unter griesheim-gestalten.de.
Über die Autorin:
Theresa Lotichius, M.Sc., ist Geschäftsführerin des Bereiches Bürgerbeteiligung und Anliegenmanagement bei der wer denkt was GmbH. Sie studierte in Erfurt und Hohenheim Sozialwissenschaft und Kommunikationsmanagement. Seit Anfang 2014 betreut sie verschiedene Projekte und Bürgerbeteiligungsverfahren bei der wer denkt was GmbH. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Konzeption, Beratung, Moderation und Begleitung von Beteiligungsprozessen.
Beitragsbild: © Stadt Griesheim